Entwicklungen im Vergaberecht

Zusammengstellt von Wolf-D. Glockner
Rechtsanwalt

Überarbeiteter Abschnitt 1 der VOB/A in Kraft getreten

Seit dem 01.10.2016 gilt auf Bundesebene die Neufassung des Abschnitts 1 der VOB/A für den Bereich der Unterschwellenvergaben.

Für die Städte und Gemeinden bedarf das Inkrafttreten des neuen Abschnitts 1 der VOB/A in seiner Funktion als Haushaltsrecht jeweils eines Erlasses der zuständigen Landesregierung.

Der überarbeitete Abschnitt 1 VOB/A 2016 war bereits am 01.07.2016 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) beabsichtigte zu diesem Zeitpunkt noch im Herbst 2016 alle Teile der VOB als Gesamtausgabe unter der Bezeichnung „VOB 2016“ herauszugeben. Der überabeitete Abschnitt 1 VOB/A sollte daher erst angewendet werden, wenn diese Ausgabe erschienen ist. Mit Erlass vom 09.09.2016 hat dann das  Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit (BMUB) den Zeitpunkt für das in Kraft treten des überarbeiteten Abschnitts 1 VOB/A auf den 01.10.2016 festgelegt. Im Einführungserlass des BMUB werden die inhaltlichen Änderungen erläutert:

1. Beschränkung der Abgabe der Vergabeunterlagen gestrichen (§ 3b)

Die Beschränkung, die Vergabeunterlagen nur an solche Unternehmen abzugeben, die sich gewerbsmäßig mit der Ausführung von Leistungen der ausgeschriebenen Art befassen, wurde gestrichen. Die Vergabeunterlagen sind nunmehr allen Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Die Streichung erspart damit den Vergabestellen die Auswahlentscheidung, wer die Vergabeunterlagen einsehen darf und wer nicht. Eine Abkehr vom Gebot der Selbstausführung ist mit der Streichung nicht verbunden. Die Streichung vermeidet lediglich Widersprüche zu den Vorschriften zur E-Vergabe. Wird von der E-Vergabe Gebrauch gemacht, sind u.a. die Unterlagen über eine elektronische Adresse uneingeschränkt zugänglich zu machen.

2. Regelung zu Rahmenverträgen aufgenommen (§ 4a)

In § 4a wurde auch für den Unterschwellenbereich nunmehr eine Regelung zu Rahmenverträgen aufgenommen. Sie übernimmt bewusst nicht die sehr detaillierte, eng dem Richtlinientext folgende Formulierung des § 4a EU VOB/A, um dem Rahmenvertrag im Gefüge der Vertragsarten nicht überproportional Gewicht zu verleihen. Vielmehr lehnt sie sich an die bewährte Formulierung des § 4 VOL/A an.

3. Pauschalausschluss gestrichen (§ 6)

Die Regelung des § 6 Abs. 3, wonach Justizvollzugsanstalten, Einrichtungen der Jugendhilfe, Aus- und Fortbildungsstätten und ähnliche Einrichtungen, sowie Betriebe der öffentlichen Hand und Verwaltungen zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmern nicht zugelassen waren, wurde ersatzlos gestrichen. Im Oberschwellenbereich war der Pauschalausschluss aufgrund europarechtlicher Vorgaben zu streichen. Zur Herstellung einer einheitlichen Regelung im Ober- und Unterschwellenbereich wurde die Streichung im ersten Abschnitt nachvollzogen.

4. § 7 Abs. 2 redaktionell überarbeitet

§ 7 Abs. 2 wurde redaktionell überarbeitet. Durch die Umformulierung wird klargestellt, dass es sich bei den Ausnahmetatbeständen um zwei verschiedene, voneinander unabhängige Fälle handelt.

5. E-Vergabe (§§ 11 ff.)

Der Auftraggeber soll im Unterschwellenbereich künftig die Wahl haben, welche Kommunikationsmittel er im Vergabeverfahren einsetzt (§§ 11 ff.). Der DVA führt – anders als in Abschnitt 2 VOB/A – bewusst nicht den Grundsatz der elektronischen Kommunikation ein. Nicht alle Vergabestellen und Bieter sind bereits auf eine durchgehende elektronische Kommunikation und Vergabe eingerichtet. Wird die E-Vergabe genutzt, sollen für die Durchführung im Ober- und Unterschwellenbereich identische Regelungen gelten. Vor diesem Hintergrund wurden die Regelungen der §§ 11 EU, 11a EU VOB/A mit geringfügigen Ausnahmen im ersten Abschnitt wörtlich übernommen.

6. Versand der Vergabeunterlagen (§ 12a)

§ 12a wird an die Regelungen zur E-Vergabe angepasst. Es wird klargestellt, dass die bisherigen Vorgaben zum Versand der Vergabeunterlagen nur noch dann gelten, wenn die Vergabeunterlagen nicht elektronisch im Sinne von § 11 Abs. 2 und 3 zur Verfügung gestellt werden.

7. Zulassung schriftlicher Angebote (§ 13)

§ 13 sah bislang vor, dass der Auftraggeber (anders als in der VOL/A) schriftliche Angebote immer zulassen musste, also nicht vollständig auf die E-Vergabe umstellen konnte. Dies gilt jetzt nur noch bis zum 18.10.2018, also dem Zeitpunkt, ab dem im Oberschwellenbereich die E-Vergabe spätestens verpflichtend wird. Nach diesem Zeitpunkt kann der Auftraggeber im Unterschwellenbereich die Form der einzureichenden Angebote bestimmen. Er kann wählen, ob er weiterhin schriftliche Angebote zulässt oder ausschließlich elektronisch eingereichte.

8. Öffnung der Angebote (§§ 14, 14a)

Die Verfahrensweise zur Öffnung der Angebote ist mit der zugelassenen Art der Angebotsabgabe verknüpft. Lässt der Auftraggeber nur elektronische Angebote zu, führt er einen Öffnungstermin nach dem Vorbild von § 14 EU VOB/A durch, bei dem zwar die Anwesenheit der Bieter entfällt, dieser aber die maßgeblichen Informationen des Öffnungstermins unverzüglich nach seiner Durchführung elektronisch mitgeteilt bekommen. Entschließt sich der Auftraggeber nach dem 18.10.2018 Angebote auch in schriftlicher Form zuzulassen, führt er weiterhin einen herkömmlichen Eröffnungstermin unter Anwesenheit der Bieter durch.