Eine öffentliche Ausschreibung soll ein faires und transparentes Verfahren bei der Vergabe von Aufträgen garantieren. Fühlen sich Bieter in ihren Rechten verletzt, können sie sich an eine Rechtsaufsichtsbehörde des öffentlichen Auftraggebers oder an die Vergabekammer wenden. Hierbei wird jedoch unterschieden, ob es sich um eine Ausschreibung oberhalb der Schwellenwerte (europaweite Ausschreibung) oder unterhalb der Schwellenwerte (nationale Ausschreibung) handelt.
Bieterrechte bei Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte
Bei Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte (nationale Ausschreibung) können sich Bieter, die sich unrechtmäßig benachteiligt sehen, nicht an die Vergabekammer wenden. Sie können in diesem Fall nur eine Beschwerde an die Rechtsaufsichtsbehörde des öffentlichen Auftraggebers richten. Wurden Vergabevorschriften verletzt, kann der Bieter im Unterschwellenbereich auch Schadensersatzansprüche vor den ordentlichen Gerichten geltend machen. Der Schaden liegt hier regelmäßig in den Kosten der Vorbereitung des Angebots unter der Teilnahme an dem Vergabeverfahren. Hierbei wird somit eine rechtlich nicht korrekte Auftragsvergabe nicht korrigiert, sondern der Bieter erhält lediglich einen Anspruch auf Schadenersatz. Man spricht daher von einem Sekundärrechtsschutz.
Bieterrechte bei Vergabe oberhalb der Schwellenwerte
Bei Vergaben oberhalb der Schwellenwerte (europaweite Ausschreibungen) gewährt § 97 Abs. 6 GWB den Unternehmen ein subjektives Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren. Nach § 160 Abs. 2 GWB kann jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, einen Antrag auf ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer stellen. Bei Vergaben oberhalb der Schwellenwerte haben Bewerber und Bieter damit die Möglichkeit, im Wege des Primärrechtsschutzes unmittelbar auf ein laufendes Vergabeverfahren einzuwirken. Anders als im Unterschwellenbereich sind sie daher nicht nur auf Schadensersatzansprüche (Sekundärrechtsschutz) verwiesen. Unternehmen haben allerdings keinen Anspruch auf Einhaltung bloßer Ordnungsvorschriften, die keine subjektiven Rechte begründen.